Foto von Anja Brenndörfer

Kanzelbehang für Wolfenbüttel

2023

Wie er wurde und warum gerade so

Anja neben dem Kanzelbehang

Einen Kanzelbehang zu nähen, bedeutet für mich eine Kombination aus geistlichen Überlegungen und technischen Fertigkeiten, aus Erkundigungen, Planungen und Versuchen einerseits und Gebet um Hilfe und Segen andererseits, und schließlich eine Mischung aus Arbeit und Freude, aus Anspannung und schließlich Dankbarkeit, wenn es gelingt.

  1. Farben: Die bisher verwendeten Farben im Raum waren dunkelgrün, rot und golden bzw. Holz. Die wollte ich möglichst wieder aufgreifen.
  2. Text: Eine der 4 sich dort treffenden Gemeinden (nämlich ihr!) hatte sich einen Bibelvers mit „Jesus“ und „Gnade“ gewünscht.

„Die Gnade unseres Herrn Jesus sei mit euch allen!“ war mir zu wenig herausfordernd, deshalb wählte ich den Text aus dem 2. Petrusbrief, K.3,18:

„Wachset aber in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilands Jesus Christus. Ihm sei Ehre jetzt und für ewige Zeiten! Amen.“

Eine gute Lesbarkeit des Bibelwortes war mir wichtig, daher war es eine hilfreiche Möglichkeit, es von meiner Stickmaschine sticken zu lassen. Das heißt, dass ich am Computer ausprobieren kann, welche Schrift in welcher Größe und welcher Farbe am besten erkennbar ist.

Saal der Landeskirchlichen Gemeinschaft in Wolfenbüttel

Auch eine gewisse optische Verwandtschaft zur hölzernen Schrift an der Wand fand ich wünschenswert.

Beim Spielen mit verschiedenen Schriften in der Sticksoftware ergab es sich, dass sich der Vers gut in 3 Teile teilen ließ, die etwa gleich lang waren ( je 3 Zeilen + Amen) und sich den 3 Farben dunkelgrün, rot und gelb (statt gold, weil farblich kräftiger) sinnvoll zuordnen ließen: grün steht für Wachstum vom Blühen bis zum Früchte Tragen, rot für die Liebe und das Blut unseres Herrn Jesus und gelb bzw. gold für das Kostbarste, den König.

Es war auch im Vorfeld der Wunsch geäußert worden, dass ein Kreuz zu sehen ist. Hier ist es allerdings nicht dunkel, sondern transparent und goldig. Es überragt den Kanzelbehang in voller Größe, aber tritt in den Hintergrund, weil davor der Auferstandene zu sehen ist, wie er, während er seine Jünger segnet, zum Vater im Himmel zurückkehrt.

Unfertiger Kanzelbehang in der Entstehung

Das Geheimnisvolle des Auferstandenen wird durch den Farbverlauf seines Leibes symbolisiert. Er lässt sich nicht auf eine Farbe festlegen oder reduzieren. Er ist immer wieder überraschend anders.

Auch der Hintergrund ist im Farbverlauf von ganz blassem Grün bis zum Schwarzgrün, so wie es in jedem Leben helle und dunkle Bereiche und Zeiten gibt.

Rechts und links am Rand sind noch ein paar Symbole eingestickt:

Noch tiefer in gelb links das Alpha und Omega für Anfang und Ende und rechts das Zeichen für unendlich, die liegende 8, und schließlich ganz unten das Kreuz auf der Weltkugel für Christi Weltherrschaft und rechts die Krone für sein Königtum.

Sticken lassen von einer Stickmaschine klingt so einfach, als würde das alles von allein gehen, aber dabei gibt es viele Herausforderungen:

Für diese Stickereien habe ich 20-mal einen Rahmen an die richtige Stelle und im richtigen Winkel setzen müssen. Fehler lassen sich dabei in aller Regel nicht rückgängig machen. Da erlebe ich es als besonderen Segen Gottes, wenn das gelingt.

Zum Text:

Unfertiger Kanzelbehang in der Entstehung

Wachset! Ist das ein Befehl oder eine Aufforderung? Kann man das überhaupt „machen“?

Zumindest kann man versuchen, die Bedingungen günstig zu halten, die Wachstum braucht. Bei Pflanzen sind das Feuchtigkeit, Licht und Temperatur.

Bei uns Menschen eher das Suchen der Stille zum Lesen der Bibel und Hören auf Gottes Stimme, das Nachdenken und uns korrigieren lassen und schließlich das Tun dessen, was wir als richtig erkannt haben. „Wachset“ heißt jedenfalls nicht, dass wir so bleiben sollen, wie wir sind.

Aber was heißt „in der Gnade wachsen“? Ich verstehe es als wachsende Erkenntnis, dass ich Gnade absolut nötig habe, nicht nur einmal, sondern immer wieder in meinem Leben.

Und dann werde ich auch immer mehr erkennen, dass Jesus meine Rettung, mein Heiland und Erlöser ist.

Und dementsprechend will und soll er auch mein Herr und Bestimmer sein. Nicht nur einmal in der Woche beim Gottesdienst, sondern in allen Situationen des Alltags. Er möchte mehr und mehr Raum gewinnen in meinem Leben.

Und daraus folgt dann genauso folgerichtig, dass ihm die Ehre und Anbetung zusteht.

Nicht nur irgendwann sondern jetzt und hier.

Und außerdem in aller Ewigkeit!

Das soll so gelten für mich und alle, die hier Gottesdienst feiern.

Amen.

Anja Brenndörfer, Wolfenbüttel , 29. Januar 2023

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